Und das weiß sie inzwischen auch sehr genau. Gerade hat sie ihren Realschulabschluss mit Qualifikationsvermerk gemeistert und die Ausbildung zur Sozialassistentin mit Schwerpunkt Heilerziehung mit Erfolg abgeschlossen. Nun wird sie zur Heilerziehungspflegerin ausgebildet. Dass die 24-jährige einmal so zielstrebig ihren Weg gehen würde, war aber lange Zeit nicht klar. Nach dem Realschulabschluss - zunächst ohne Quali - landete sie in einer beruflichen Bildungsmaßnahme. Dann zwang eine Operation sie zu einer längeren Auszeit. Anderthalb Jahre, in denen gar nichts ging. Danach kriegte sie die Kurve nicht mehr, war unsicher, wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Ihre Mutter war es schließlich, die auf "Kompetenzen im Quartier", das Bildungsforum der Caritas aufmerksam wurde. Also stellte Mandy Heidenreich sich vor.
Das Büro der Caritas wird von zwei Sozialarbeiterinnen, auf jeweils einer halben Stelle, geleitet. Parallel dazu gibt es ein Büro vom Jugendgemeinschaftswerk mit einer Stelle, das ebenfalls dem Team von Kompetenzen im Quartier angehört. Beide Institutionen sind eng vernetzt.
Julia Wimber von der Caritas beriet Mandy. Über mehrere Termine lernte sie die junge Frau zunächst besser kennen. So konnten sie gemeinsam erarbeiten, wo ihre Stärken liegen. Dass sie kreativ ist und zuverlässig, dass sie gerne mit Kindern arbeiten würde, kristallisierte sich bald heraus. Langsam bekam Mandy eine Idee, von dem, was sie einmal werden wollte. Danach überlegte die Sozialarbeiterin mit ihr mögliche Wege um in den Beruf zu gelangen, half ihr bei Bewerbungsschreiben und dabei, die richtige Schule zu finden.
Mandy Heidenreich hat relativ schnell ihren Weg gefunden. In vielen Fällen dauert die Beratung jedoch deutlich länger. Im Schnitt werden die Teilnehmer/innen bei Kompetenzen im Quartier 12 - 18 Monate betreut. Wenn es dann läuft, läuft auch die Beratung aus. Treten während der Ausbildung oder bei anderen Maßnahmen jedoch Schwierigkeiten auf, können sich die Teilnehmer aber jederzeit wieder an das Caritas Team wenden. Wenn sich herausstellen sollte, dass der Ausbildungsplatz - aus welchen Gründen auch immer - überhaupt nicht passt, beraten die Sozialarbeiterinnen auch beim Wechsel der Ausbildungsstätte.
Janine Müller* ist 30, alleinerziehend und hat einen 7-jährigen Sohn. Sie wird von der Sozialarbeiterin Thea Dieninghoff von der Caritas betreut. Nachdem Janine aus einer Jugendhilfeeinrichtung geflogen war galt sie als "schwer vermittelbar". Thea Dieninghoff half ihr schrittweise bei der Bearbeitung ihrer Problemlagen, wie bei der Vermittlung in eine Drogentherapie, der Initiierung einer Mutter-Kind-Kur, und sie bewahrte sie auch vor Wohnungslosigkeit. Dass Janine sogar beruflich die Kurve bekommen würde, hätte sie damals selbst kaum von sich geglaubt. Doch mit Thea Dieninghoff geriet sie offensichtlich an die richtige Ansprechpartnerin.
Von ihr schwärmt sie regelrecht. "Frau Dieninghoff war die erste, die den Zugang zu mir gefunden hat." Seit zwei Jahren hat Janine nun ihren Weg ganz klar vor Augen. Über mehrere Praktika erkannte sie, dass sie - auch aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen - im Suchtbereich arbeiten möchte. Schon jetzt engagiert sie sich ehrenamtlich in der Drogen- und Suchtberatung. An einem Berufskolleg macht sie gerade ihr Fachabitur. Danach will sie Sozialarbeit studieren. Auch Janine Müller strahlt heute, wenn sie von ihren Zielen berichtet. Und sie sagt ganz klar, dass sie diese Ziele ohne die Beratung von Kompetenzen im Quartier wohl kaum für sich erkannt hätte.
Seit 2015 besteht das Projekt "Kompetenzen im Quartier" für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 - 26 Jahren in Hamm. Der Zugang zur Beratung ist rechtskreisfrei, d. h. jeder Jugendliche am Übergang zum Beruf kann kostenlos Beratung und Begleitung erhalten. Somit ist die Stadt Hamm eine von 175 Kommunen auf Bundesebene, die dieses Projekt koordiniert. Das Projekt wird im Rahmen des Programms "JUGEND STÄRKEN im Quartier" durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und den Europäischen Sozialfonds gefördert. Hinzu kommen kommunale Mittel.
Die Bilanz kann sich in Hamm sehen lassen. 500 Teilnehmer wurden seit 2015 über das Projekt "Kompetenzen im Quartier" beraten. 304 von ihnen konnten in eine berufliche bzw. schulische Ausbildung, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder in ein Studium vermittelt werden. Damit liegt die Vermittlungsquote bei den Teilnehmern sogar über dem geforderten Vermittlungszielwert von 55 %. Auch die anderen Jugendlichen konnten z. B. in berufsvorbereitende oder Reha-Maßnahmen, in das Regelschulsystem, bei Schulverweigerung, sowie in andere stabilisierende Strukturen einmünden.
*Name wurde von der Redaktion geändert.