Haushaltshilfen legal beschäftigen
Eigentlich müssen diese Frauen in Deutschland angemessen bezahlt und die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Rechtlich vorgeschrieben ist eine regelmäßige tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden, die Einhaltung einer täglichen Mindestruhezeit von elf Stunden und ein freier Tag pro Woche.
Menschenhandel hat viele Formen – Arbeitsausbeutung
Die meisten der mittlerweile auf über 150.000 geschätzten mittel- und osteuropäischen Frauen, die in Deutschland als Haushaltshilfe arbeiten, können von solchen Arbeitsbedingungen nur träumen. Für diese Frauen stellt die häusliche Betreuung von Pflegebedürftigen in Deutschland oft die einzige Erwerbsmöglichkeit dar. Oft verlassen sie ihre eigene Familie, um eine Tätigkeit im Ausland aufzunehmen. Für sie ist dabei die Gefahr groß, in ausbeuterischen Verhältnissen beschäftigt zu werden. Denn bei Ausländer_innen wird häufig ausgenutzt, dass sie die Sprache im Zielland nur schlecht beherrschen, ihre Rechte nicht kennen oder im Heimatland in einer sehr prekären finanziellen Situation leben. Vielen Menschen in Deutschland, ist nicht bewusst, wie nah ihnen Menschenhandel im Alltag kommen kann. So kann beispielsweise auch eine Tätigkeit im Privathaushalt, wie die sogenannte 24-Stunden-Betreuung, Menschenhandel darstellen, wenn die Arbeitskraft zu ausbeuterischen Bedingungen beschäftigt wird. Denn bei der sogenannten 24-Stunden-Betreuung darf es sich nicht um eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung handeln.
Die junge Polin Sylwia Budzisz-Wysocka arbeitet für „CariFair” im Kreis Soest als Betreuungskraft in der häuslichen Pflege. Betreuungskräfte wie sie sind akut von Arbeitsausbeutung bedroht. Die Caritas setzt sich aktiv gegen ausbeuterische Strukturen in diesem Bereich ein. So sorgt das Modell „CariFair” unter anderem für faire Entlohnung und gesetzlich geregelte Arbeitszeiten.
FAQ: Arbeitsausbeutung in der häuslichen Betreuung erkennen
Menschenhandel schadet zuerst den Opfern. Doch Menschenhandel und Arbeitsausbeutung schaden auch der Gesellschaft, indem Menschen und ihre Tätigkeit entwertet werden. Bei der Betreuung von Pflegebedürftigen wird besonders deutlich, dass sich die Entwertung von Arbeit nicht von der Entwertung von Menschen trennen lässt. Die folgende FAQ ermöglichen es Angehörigen bei der Betreuung von Pflegebedürftigen in ihrem Haushalt (Live in care) eine Abgrenzung zwischen legaler Betreuung und Arbeitsausbeutung vorzunehmen.
Das kann nicht legal sein, denn die tägliche erlaubte Arbeitszeit darf in der Regel zehn Stunden nicht überschreiten. Außerdem hat jede Arbeitskraft Anspruch auf einen komplett freien Tag pro Woche. Ein regelmäßiger und deutlicher Verstoß gegen diese Vorgaben ist Ausbeutung.
Wenn nein, ist das illegal. Bei einer deutlichen Unterschreitung auch Ausbeutung.
Wenn nein: Sobald der Stundenlohn die Untergrenze des Mindestlohns pro tatsächlich gearbeiteter Stunde unterschreitet, ist das illegal. Bei einer deutlichen Unterschreitung auch Ausbeutung.
Wenn nein: Finger weg. Hier handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um ausbeuterische Arbeitsverhältnisse.
Prüfen Sie, ob Sie wirklich eine Person suchen, die selbstständig über ihre Arbeitsinhalte und Ihre Arbeitszeit entscheidet. Das Risiko der illegalen Scheinselbständigkeit ist groß und kann für Sie erhebliche Nachzahlungen des Lohns und der Sozialversicherungsbeiträge bedeuten. Außerdem darf auch von Selbständigen nicht erwartet werden, dass sie rund um die Uhr deutlich unter dem Mindestlohn arbeiten. Das ist sittenwidrig und Ausbeutung.
FAQ: Empfehlungen für die Anstellung einer Haushaltshilfe
Eine Live-In Haushaltshilfe kann eine gute Unterstützung in der häuslichen Pflege sein.DCV/Pedro Citoler
Der Deutsche Caritasverband hat eine Information zu den Rahmenbedingungen der Beschäftigung von Haushaltshilfen in Haushalten von Pflegebedürftigen erstellt. Ein Leitfaden für alle, die als Pflegebedürftige selbst eine Haushaltshilfe beschäftigen wollen, für deren Angehörige und für Caritasverbände, die diese Beschäftigung über eine Sozialstation unterstützen wollen. Den 25-seitigen Leitfaden mit einer Checkliste und einem Musterarbeitsvertrag in deutsch/polnisch können Sie am am Ende der Seite kostenlos herunterladen. Hier einige Auszüge:
Anders als in einem Pflegeheim kann die Haushaltshilfe keine Rund-um-die-Uhr Versorgung erbringen. Zu den Zeiten, zu denen die Haushaltshilfe frei hat, muss die Betreuung des Pflegebedürftigen anders abgesichert werden. Daher ist es notwendig, dass Angehörige oder ein soziales Netzwerk vor Ort sind, die beispielsweise im Notfall Ansprechpartner für den Hausnotrufdienst sind, den Pflegebedürftigen an dem freien Sonntag der Haushaltshilfe betreuen oder an den freien Nachmittagen der Haushaltshilfe beim Pflegebedürftigen nach dem rechten schauen. Verschaffen Sie sich einen Kostenüberblick und stellen die Finanzierung sicher. Dazu finden Sie in der Information einen beispielhaften Kostenüberblick, der zeigt, welche Kosten für den Pflegebedürftigen entstehen, wenn er eine Haushaltshilfe beschäftigt. Gleichzeitig stellt er dar, welchen Nettolohn die Haushaltshilfe erhält.
In einigen Regionen Deutschlands bietet die Caritas in dem Modell „CariFair“ Unterstützung der pflegebedürftigen Menschen und der ausländischen Arbeitskräfte an. Dafür arbeitet ein Caritasverband einer Region in Deutschland mit einem Partner-Caritasverband in einer Region in Mittel- und Osteuropa zusammen und steht dem Pflegebedürftigen bei der Vermittlung der Haushaltshilfe und während des Einsatzes mit Rat und Tat beiseite. Zu Beginn des Einsatzes wird beispielsweise nach Absprache mit der Familie bzw. dem Pflegebedürftigen, der Koordinatorin und der Haushaltshilfe ein Wochen- bzw. Tagesplan erstellt. In dem Plan werden die Aufgaben und freien Zeiten der Haushaltshilfe beschrieben.
Fachlich ist es sinnvoll, wenn die Betreuung der Haushaltshilfe durch einen ambulanten Pflegedienst - beispielsweise einmal wöchentlich - begleitet wird, um die Qualität der Pflege sicherzustellen. Zudem kann die Caritas vor Ort den Pflegebedürftigen Kurzzeitpflege vermitteln, für die Zeit, in der die Haushaltshilfe ihren Urlaubsanspruch geltend macht. Oder Angebote der Tagespflege oder zum Hausnotrufdienst empfehlen.
Einige Caritasverbände und Dienste vermitteln im Rahmen des Projekts "CariFair“ geeignete Arbeitskräfte. Außerdem können Sie auch Anzeigen in Zeitungen oder digitalen Medien schalten.
Sie müssen eine angemessene Unterkunft oder Zimmer für die Haushaltshilfe bereitstellen, eine Betriebsnummer beantragen, die Hilfskraft zur Sozialversicherung bei der Krankenkasse und der gesetzlichen Unfallversicherung anmelden und, soweit gewünscht, die Betreuungskraft bei einer Berufshaftpflichtversicherung anmelden sowie klären, ob die Haushaltshilfe in der Haftpflichtversicherung des Pflegebedürftigen mitversichert ist. Darüber hinaus sollten Sie prüfen, ob ein Internetanschluss beantragt werden sollte. Zudem sollten Sie darüber nachdenken, einen ambulanten Pflegedienst zu beauftragen, der mindestens einmal die Woche eine fachgerechte Pflege sicherstellt. In manchen Fällen kann die Beauftragung eines Hausnotrufdienstes sinnvoll sein. In allen Fällen sollten Sie sicherstellen, dass nach aller Vorbereitung auch die Haushaltshilfe vom Bahnhof abgeholt wird.
Hintergrund: Wann spricht man von Menschenhandel zum Zwecke der Arbeitsausbeutung?
Nach der strafrechtlichen Definition liegt Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung vor, wenn eine Person unter Ausnutzung einer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, durch eine Beschäftigung ausgebeutet werden soll. Eine solche ausbeuterische Beschäftigung liegt vor, wenn sie zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer_innen stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen. Das gilt erst recht, wenn die Arbeitsbedingungen so schlecht sind, dass aus der einheimischen Bevölkerung niemand die Tätigkeit aufnehmen würde – es also keine vergleichbaren Beschäftigten gibt. Menschenhandel ist, anders als oft angenommen wird, nicht unbedingt mit Menschenschmuggel und/oder illegalen Aufenthalt verbunden. Es sind deshalb nicht nur Ausländer_innen aus Nicht-EU-Staaten betroffen, sondern auch EU-Bürger_innen, die von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machen.